05.04.2020
Am Palmsonntag wollten wir Konfirmation feiern in Gommersheim, am Sonntag davor in Freisbach. Wie traurig für die Konfirmandinnen und Konfirmanden, die sich auf ihren großen Tag gefreut hatten. Und all die Vorbereitung und Planung, die völlig umsonst war. Planen können wir zur Zeit eigentlich gar nichts. Und das ist für viele von uns schwer zu ertragen.
Gut, dass wir heute so viele technische Möglichkeiten haben, miteinander in Kontakt zu bleiben. Zumindest telefonisch sind glücklicherweise alle erreichbar. Und viele von uns haben ja noch ganz andere Möglichkeiten. WhatsApp, Instagram und Facebook werden viel mehr genutzt als sonst. Ich habe in dieser Woche meine erste Videokonferenz erlebt. War anstrengend, aber es hat funktioniert. So musste die lange geplante Sitzung nicht ausfallen. Und so arbeiten ja viele von uns in diesen Tagen. Auch in den Familien wird miteinander übers Internet kommuniziert. Wie schön, dass wir nicht nur miteinander sprechen können, sondern uns sogar dabei auch noch sehen. Gut, dass es das gibt.
Und doch vermissen wir vieles. So gut die Videokonferenzen sein mögen, es ist ja doch einfacher direkt mit den Leuten zu reden. Und was viel schlimmer ist, ist der fehlende körperliche Kontakt. Ich vermisse den Händedruck bei Begrüßungen oder Verabschiedungen. Den Händedruck, der so viel aussagen kann, Ermunterung, Stärkung, Freundschaft, Unterstützung. Ganz besonders weh tut es mir, meine Kinder nicht umarmen zu können. Ich denke, wir alle vermissen den direkten Kontakt zu Menschen, die uns wichtig sind. Und wir merken, wie wichtig Berührungen sind.
Das wird auch sehr deutlich in der wunderschönen Geschichte, die Predigttext für den Palmsonntag ist.
Sie steht im Markusevangelium und erzählt von einer unbekannten Frau, die etwas sehr Zärtliches tut. Sie salbt den Kopf Jesu mit duftendem Salböl. Diese Frau lässt sich auch durch die Vorwürfe der anderen Anwesenden nicht beirren. Sie ist mutig, denn sie verletzt die Traditionen, um Jesus etwas Gutes zu tun. Ihre Handlung wirkt verschwenderisch, denn Ölungen galten als dekadenter Luxus. Vermutlich hält man sie für verrückt oder zumindest für sehr exzentrisch. Aber Jesus verteidigt ihr Handeln. Jesus erlebt durch diese Frau selbst einmal die wohltuende Nähe eines Menschen. Er, der sonst immer seine Liebe und Kraft für andere gegeben hat, wird hier selbst einmal umsorgt und erfährt die liebevolle Zuwendung dieser Frau. Das ist umso wichtiger, weil Jesus einen schweren Weg vor sich hat. Mit dieser prophetischen Zeichenhandlung beginnt bei Markus die Passionsgeschichte. Es ist 2 Tage vor dem Passahfest, die Verhaftung Jesu steht schon bedrohlich im Raum. Die Menschen, die Jesus begleiten, sind immer verwirrter und verängstigter geworden. Jesus selbst wird immer einsamer und hat Angst vor dem, was auf ihn zukommt, erzählt uns Markus. Über diesen verlassenen, sich einsam fühlenden Jesus gießt diese Frau kurz vor der Katastrophe eine sinnlose Menge teuerstes Öl und berührt ihn liebevoll. Sie drückt damit all ihre Gefühle gegenüber Jesus aus. Vermutlich ist sie Jesus schon früher begegnet, vielleicht hatte sie schon einmal erfahren, wie heilsam die Begegnung mit Jesus sein kann.
Wir lesen immer wieder davon, dass Jesus die Nähe der Menschen sucht, die seine Hilfe brauchen. Er hat auch keinerlei Berührungsängste. Er fühlt nicht nur mit, nein, er fasst die Leute an, denen er Gutes tun möchte. Seine Berührungen haben etwas Zärtliches und er lässt sich auch immer wieder selbst berühren – er ist sozusagen greifbar für die, die ihn brauchen. Für uns ist er genauso wenig körperlich greifbar wie es unsere Mitmenschen im Augenblick sind. Letzteres wird sich hoffentlich bald wieder ändern. Was Jesus betrifft, bleibt uns die Hoffnung, dass auch der einsamste Weg durch Leiden hindurch irgendwann vorbei ist und dass Gottes Nähe trotz allem spürbar ist. Nach jedem Karfreitag kommt auch wieder Ostern und damit neues Leben und neue Chancen.