10.05.2020
Für mich gehört ein bestimmtes Lied aus unserem Gesangbuch zu Gottesdiensten im Mai auf jeden Fall dazu. Es wird auch immer wieder von Gemeindegliedern gewünscht. Das liegt zum Teil vermutlich an der schönen Melodie, aber ganz sicher auch daran, dass der Text des Liedes zum Ausdruck bringt, was wir in dieser Jahreszeit empfinden. Da heißt es nämlich:
EG 501,1:
Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.
Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid,
die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.
So ist es doch: alles grünt und blüht, die Farben der
Pflanzen um uns herum sind sehr intensiv, die Luft ist
voller aromatischer Düfte, die Insekten summen und
brummen. In dieser Woche sind in unserem Garten die
Pfingstrosen aufgegangen in all ihrer üppigen, leuchtenden
Pracht. Und der wunderbare und laute Gesang der
Vögel ist wirklich nicht zu überhören.
Manchmal gelingt es mir sogar, zu vergessen, was mich
gerade belastet. Und dann kann ich mich unbeschwert
freuen über all das Schöne vor meinem Fenster oder auf
dem Spazierweg. Ich muss aber zugeben: das klappt in
diesem Jahr nicht so leicht wie in früheren Jahren.
Dazu ist für mich die momentane Situation immer noch zu beunruhigend. Ich mache mir Gedanken wie es weitergehen soll. Wird das gut gehen mit all den Lockerungen, die jetzt nach und nach kommen? Wie setzen wir die Richtlinien für Gottesdienste, die wir bekommen haben, in der Praxis um? Wie gefährlich sind Zusammenkünfte immer noch?
Ich habe den Eindruck, dass diese letzten zwei Monate uns alle verändert haben. Wir sind nicht mehr dieselben wie vor dem 13. März. Da wurde zu vieles auf den Kopf gestellt. Wie sich das wohl auf unsere Gesellschaft auf die Dauer auswirken wird? Und auch auf uns ganz persönlich? Wie lange noch müssen wir uns weiträumig ausweichen, wenn wir uns begegnen? Wann werden wir uns mal wieder alle ganz normal die Hand geben können? Oder jemand einfach die Arme nehmen, weil uns beiden gerade danach ist? Wann können wir wieder lauthals zusammen singen – ohne Mundschutz und ohne Angst, damit jemand zu gefährden?
Bei solchen Fragen spüre ich einen Kloß im Hals. Da wird es mir ganz komisch zumute. Eher traurig und dunkel. Gar nicht nach lieblichem Maien. Da passen doch die Worte des Lieddichters in der 3. Strophe wunderbar:
EG 501,3
Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze
mein, damit sich‘s möge schicken, fröhlich im Geist zu
sein, die größte Lust zu haben allein an deinem Wort, das
mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.
Ich finde, es tut gut, sich an Gott wenden zu können, dass unser finsteres,
trauriges Herz aufgemuntert werden soll.
Dass Licht und Sonne hinein kommt. Wir brauchen Gottes Hilfe, um diese schwierige Zeit durchzustehen. Damit wir nicht verzagen, sondern auch immer wieder fröhlich sein können, voller Zuversicht und Hoffnung. Dann können wir auch der Aufforderung folgen, die uns die Losung für Sonntag, 10. Mai 2020 aus dem 1. Buch Samuel mit auf den Weg in die kommenden Tage gibt: Tu, was dir vor die Hand kommt; denn Gott ist mit dir!
(1. Samuel 10,7)
In diesem Sinne, lassen Sie uns tun, was getan werden muss und darauf vertrauen, dass Gott uns nah ist und uns begleitet. Oder wie es das Lied sagt:
EG 501,4
Mein Arbeit hilf vollbringen zu Lob dem Namen
dein und lass mir wohl gelingen, im Geist fruchtbar zu
sein; die Blümlein lass aufgehen von Tugend mancherlei,
damit ich mög bestehen und nicht verwerflich sei.