„Gott, du weißt schon!“
Beten ist gar nicht so einfach. So viel geht mir im Kopf herum, um so vieles will ich mich kümmern, so vieles beschäftigt mich. Und immer, wenn ich still werden will, rattert es in mir. Mittagsessen, Protokoll – Gott, hier bin ich – Frau Müller anrufen, ob die Brötchen reichen? – Gott, ich komme zu dir – darf nachher den Schlüssel nicht vergessen, muss nochmal ins Büro schauen – Gott, ich möchte so gerne – aber jetzt geht es nicht.
Beten ist gar nicht so einfach. Weil ich nicht nur zu Gott Kontakt aufnehme, sondern weil ich zuerst mit mir in Kontakt kommen muss. All das, was in meinem Kopf rumort, etwas von mir will. All das, was ich nutze, um nicht nachzudenken über das, was ich brauche, was für mich nötig ist. Und das fällt so schwer. Gelingt manchmal nur für einen kurzen Moment. Für einmal Atemholen, tief und lang. Nur diesen kurzen Moment. Ich bei mir. Und Gott bei mir. Und dann dreht sich das Gedankenkarussell weiter.
Wenn du betest, dann geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür, sagt Jesus. Sperr das aus, was dich ablenkt, was von dir Besitz nehmen will. Sei bei dir. Ganz bei dir. Und dann ist Gott nah. Ganz nah bei dir. In diesem einen Atemzug, den du tust.
Wenn du betest, sagt Jesus, brauchst du nicht viele Worte machen, keine schönen Formulierungen suchen, keine vollendeten Sätze sagen. Du kannst stammeln, Worte suchen. Oder du kannst dir Worte leihen, Worte, die andere schon gebetet haben, vor so langer Zeit: Vater unser im Himmel – geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, dein Wille geschehe.
Beten ist gar nicht so einfach. Weil da zu viele Worte sind. Oder zu wenig. Weil mir manchmal geliehene Worte nicht über die Lippen kommen.
Aber Gott, du weißt schon – auch wenn ich stumm bleibe, stammle, mir keine Worte leihen kann
Gott, du weißt schon!
Amen.
Susanne Paul, Pfarrerin in Burgdorf